Hey, freut mich dich kennenzulernen! Ich bin Julia und du hast gerade meinen Blog entdeckt. Hier werde ich vor und während meines Auslandsjahres in Nova Scotia, Kanada meine Erfahrungen und Eindrücke mit dir teilen. Außerdem hoffe ich, dir einen echten Einblick in ein kanadisches High School Year als Austauschschülerin geben zu können und dich vielleicht so dazu zu inspirieren deinen Koffer zu packen um in ein eigenes Abenteuer zu starten. Wenn du mehr über mich wissen möchtest, schau doch mal unter "Über mich" nach. Solltest du Fragen und/oder Anmerkungen haben, lass mir gerne eine Nachricht da (Klick hierzu auf Contact).
Hallo :) Ich hoffe es geht euch allen gut und ihr behaltet die Nerven in dieser schwierigen Zeit. Heute hat die Sonne geschienen und unser Magnolienbaum leuchtet schon wieder lila, meine Mama trinkt ihren Kaffee nun wieder auf unserer Terrasse und trotz Quarantäne kann ich nicht anders als zu lächeln, wenn ich das Vogelgezwitscher höre. Ja, richtig gelesen, ich bin wieder in Deutschland. Eigentlich wollte ich die letzten 3 Monate noch ganz viele Beiträge verfassen, aber dann hab ich das immer zur Seite geschoben und seit einem Monat ist die Welt auch irgendwie nicht mehr so ganz wie sie war. Den folgenden Text habe ich schon vor einiger Zeit verfasst und möchte ihn gerne mit euch teilen. Es wird auch noch einen zweiten Teil geben aus meiner jetzigen Quarantäne. Ich hoffe ihr haltet alle weiterhin durch und seht den Sonnenschein durch die Fenster scheinen, denn das ist Hoffnung und das dürfen wir auf gar keinen Fall verlieren.
Also hier zum Text:
Hey und liebe Grüße aus der beginnenden Selbstisolation. Wir alle haben es ja bereits mitbekommen, das Corona Virus oder besser gesagt COVID-19 hält gerade die ganze Welt in Atem. Sowas geht also
auch nicht am hinterletzten neuschottischen Kaff in Kanada vorbei, die Leute hier bekommen so langsam auch Panik. Und um ehrlich zu sein ich auch. Ich sehe Menschen mit Gummihandschuhen im fast
leeren Bus, die Regale sind leer, die Keller voll und Klopapier gibt es schon lange nicht mehr. Was eine verrückte Welt.
Und dabei sah das doch vor 3 Wochen noch ganz anders aus. Da war es ruhig in meinem kanadischen Zuhause, ich bin mit Freunden essen gegangen, danach ins Kino und wir haben ganz bestimmt keinen
Sicherheitsabstand zueinander gehalten, Warum auch?
Na und jetzt? 4 potenzielle und 1 bestätigter Fall von COVID-19 später und die Schulen sind geschlossen, das Desinfektionsmittel weg und die Gedanken kreisen. Ich mach mir Sorgen um meine Familie, vor allem um meine Großeletern und wenn ich online Nachrichten schaue, hab ich das Gefühl aus Versehen einen Apokalypsenfilm angeklickt zu haben. Sandi (meine Gastmutter), ihr Freund, Sofia (meine Gastschwester) und ich wir spielen Gesellschaftsspiele. Wir lachen und kochen zusammen. Dann im Supermarkt aber sind wir ganz ruhig gehetzt rennen alle wie Roboter durch den riesigen Walmart und spähen um jede Ecke. Wie haben wir noch mit den Schultern gezuckt vor ein paar Wochen als die ersten Gerüchte umgingen. "Ach das wird alles eh von den Medien hochgespielt", haben wir gesagt, "Das ist doch nicht mal so schlimm wie die gemeine Grippe". Und jetzt? Na ja jetzt gehen wir nicht mehr zu viert in den Supermarkt. Jetzt sehen wir keine Freund*innen mehr, gehen nicht mehr raus. Vor ein paar Tagen noch waren Freunde von mir zu Besuch, die gerade einen Roadtrip durch Kanada machen. Nun ja, jetzt auch nicht mehr, sie sitzen im Flieger nach Hause, so gerade eben haben sie es noch geschafft einen Flug zu bekommen, nachdem der erste dann 24h vorher gecancelt wurde - Klingt doch wahnsinnig dramatisch und so gar nicht nach meinem Leben. Ich will jetzt erstmal schauen wie es weitergeht und dann ruhig eine Entscheidung treffen. Irgendwie wird das alles schon und irgendwann hört dieser ganze Spuk auch wieder auf, da bin ich mir sicher. Bis dahin werde ich weiterhim alle Nachrichten verfolgen und Zeit mit meiner Gastfamilie verbringen. Fakt ist, dass wir alle noch nie mit einer solchen Situation konfrontiert wurden und dass wir nur alle zusammen dieses doofe Virus bekämpfen können. Also bitte bitte bitte bleibt ruhig und zuhause, wascht eure Hände und schaut euch online Videos von Nachbarschaftskonzerten an. Malt Mandalas, puzzelt was das Zeug hält, ruft eure Freund*innen an, denkt an die Risikogruppen und bunkert kein Klopapier, weil das bringt ja mal so gar nichts.
5 Monate in Kanada sind um und 5 Nationalitäten sitzen in einem SUV.
5 Monate Kanada sind um.
5 Monate...
Puuuuuuh.
So fühle ich mich also als Federico's Gastmutter mit der multinationalen Gruppe Richtung New Minas düst und ich nachdenklich aus dem Fenster starre um die schneeweißen Tannenspitzen am Straßenrand zu zählen. So als wären die 5 Monate an mir vorbeigedüst. Just like that. Daniela fliegt in einer Woche zurück nach Kolumbien, Celina, Annika und Anna nach Deutschland, Isidora nach Chile, während Cecilia schon längst wieder in Italien, Isadora in Brasilien und Klara in Slowenien ist. Unvorstellbar oder? Da sitzen 5 Nationalitäten in einem kanadischen SUV und fahren nach New Minas. Um Tschüss zu sagen. Um ein letztes Mal mit Daniela essen zu gehen bevor sie in den Flieger steigt. Ich habe plötzlich einen Kloß im Hals, wenn ich daran denke.
16:45 Uhr
Wir klettern langsam aus dem großen Geländewagen und schliddern über Eispfützen zur Eingangstür des Sushi Restaurants. Drinnen ist es warm, es duftet nach fantastischem Essen und wir werden freundlich begrüßt und zu unserem Tisch gebracht. Hanna und ich bestellen grünen Tee, die anderen reden über das eiskalte Wetter draußen. Nachdem uns die Kellnerin das All you can eat Prinzip des Restaurants erklärt hat, kehrt kurz Ruhe ein, was für uns laute Persönlichkeiten eher selten ist. "Und? , fragt Hanna dann, 5 Monate also" - Allgemeines Nicken und alle bestätigen, wie sehr doch die Zeit dahin geflogen ist. Wir bestellen Sushi, quasseln über alles mögliche und dann, als es gerade kurz mal wieder ruhig wird frage ich: "Sagt mal, was war eure tollste Erinnerung im letzten halben Jahr? Weil ich wüsste gar nicht, wo ich anfangen soll...". Und damit ging es dann plötzlich los, alle erzählen der Reihe nach von Weihnachtstraditionen der Gastfamilie, dem ersten Schultag, Zeit mit Freunden, lustigen Dingen im Schulalltag, von Parties und fünf Monaten voller Ups and Downs, von Heimweh und Schokolade, Poutine und Tim Hortons Kaffee. Und dieses Lächeln in unseren Gesichtern. Asude grinst in die Runde und sagt:"Ich bin so verdammt glücklich euch zu kennen, wisst ihr das eigentlich?", darauf folgt allgemeine Zustimmung bis Federico plötzlich vorschlägt "Okay Ladies, heute ist der 24. Januar 2020. In genau 10 Jahren treffen wir uns irgendwo auf dieser Welt in einem Sushi-Restaurant wieder und erzählen uns all das, was wir im Leben der anderen verpasst haben...Deal?". Unsere Tischnachbarn schauen nun endgültig genervt, als unser Tisch in aufgeregtes glückliches Durcheinander verfällt. Die Stimmung ist ausgelassen, wir bestellen noch mehr Sushi,noch mehr Frühlingsrollen, noch mehr Pad Thai. Alle teilen alles, was auf dem Tisch steht, es wird alles probiert und bewertet. Und da sitzen wir nun, 7 so unterschiedliche Menschen aus 5 Ländern, die alle eine andere Sprache sprechen und sich doch verstehen. Je mehr wir miteinander über Zuhause reden, desto mehr kommt dabei heraus, wie ähnlich wir doch sind. Und wie toll unsere Unterschiede sein können. Wir reden über unsere Ängste, über die Zukunft und unsere Verantwortung daraus was Gutes zu machen. Wir teilen Nudelgerichte und Hoffnungen, Träume von einer Welt in der unsere Heimatländer sich verstehen und Politik mal was wird, das wir zusammen tun können. Wir lachen. Laut und lange und ohen Scham. Wir reden über Probleme und Sorgen, über Tradition und Religionen, Sexualität und Gleichberichtigung.
Wir bestellen Nachtisch, drei Mal. Aber die Sesambällchen sind auch einfach nur fantastisch. Ungefähr so weich und warm, wie sich mein Herz anfühlt, wenn ich diesen tollen Menschen in die Augen schaue.
Wie erinnern uns an schweißnasse Hände am ersten Schultag und Daniela versucht 20 Minuten lang vergeblich Asude, Zoe und Hanna ein kolumbianisches Spiel zu erklären. Elena, Federico und ich wischen uns die Lachtränen aus den Augen. Der Nachbartisch hasst uns jetzt vermutlich.
Ich schaue mich um und kann es kaum fassen, dass ich all diese tollen Menschen vor 5 Monaten nicht kannte.
Da sitzen nun also 5 Nationalitäten an einem Tisch gefüllt mit frittierten Bananen, Sesambällchen und grünem Tee und vergessen Ländergrenzen, Sprachbarrieren, Vorurteile und Fremdenfeindlichkeiten.
Da sitzen also 5 Nationalitäten an einem Tisch und verstehen die Welt nicht mehr.
Puuuh was ist es lange her, dass ich einen Blogeintrag verfasst habe. Ich hab mir echt vorgenommen, das häufiger zu tun, aber dann kommt irgendwie doch immer ein Schulprojekt, Hausaufgaben, Sport, Treffen mit Freunden oder auch einfach mal Netflix dazwischen (und ganz ehrlich wenn ich schon die Wahl zwischen kitschigen Weihnachtsfilmen und Schreiben hab...). Das soll aber gar nicht das Thema sein, ich habe nämlich noch von soooo vielen anderen Dingen zu erzählen.
Fangen wir einfach mal damit an, dass am 11.11. (in Deutschland ein ja mit dem Karnevalsbeginn positiv konnotiertes Datum) in Kanada denen gedacht wird, die für das Land in den Krieg gezogen, auf dem Schlachtfeld verstorben oder traumatisiert wieder gekommen sind. Es ist ein Tag des Erinnerns und des Versprechens "Lest we forget". Außerdem ist es aber auch ein Tag, an welchem den Soldat*innen gedankt wird, die momentan im Dienst der Nation stehen. Es werden Reden gehalten, Gottesdienste gefeiert, Poppys angesteckt und die Kadetten maschieren im Gleichschritt durch die Schulaula. Unsere High School schweigt in Gedenken an die Verstorbenen, das Orchester spielt und dann stehen alle auf um die Nationalhymne zu singen. Und da steh ich dann, völlig überwältigt von dieser großen Menge Militär und Nationalstolz, die sich da vor mir in der Schulaula zeigt. Ja, diese ganzen im Gleichschritt maschierenden Kinder in Militäruniformen machen mir Angst. Ja, ich bin Pazifistin und kann mit Militär eh wenig anfangen, aber irgendwas in mir versteht auch, dass die Beziehung zu Soldat*innen hier in Kanada nochmal anders ist. Und so gespalten ich auch bin, was Militärparaden angeht, so kann ich doch auch anerkennen, dass hier Toten gedacht wird. Eltern und Kindern, Onkeln und Tanten, Großeltern und Urgroßeltern. Und es ist eine Zeremonie des Zusammenstehens als eine Nation.
Remembrance Day ist also so oder so ein Erlebnis gewesen und hat mir Kanada nochmal von einer ganz anderen Seite gezeigt.
Ein weiteres Ereignis im November sollte dann am Ende des Monats anstehen. Am 23.11. fuhren alle Internationals unserer Schule gegen Mittag mit einem alten gelben Schulbus nach Halifax. Hierzu muss man wissen, wie unfassbar ländlich wir hier im Annapolis Valley leben. Hier gibt es keine öffentlichen Verkehrsmittel, keine Städte, nur Landstraßen, alles wird mit dem Auto erledigt und man spricht von jemandem noch als seinen Nachbar, wenn die betreffende Person einen Kilometer weiter die schlaglochreiche Straße runter wohnt. Das soll jetzt überhaupt nicht negativ klingen, so ist es hier einfach und das Landleben hat definitiv nicht nur Nachteile. Ich muss das hier nur erwähnen, damit man verstehen kann, warum wir so glücklich und aufgeregt waren, nach 3 Monaten endlich mal wieder in eine Stadt zu fahren um dann auch noch Shoppen zu gehen. Wir alle hatten seit 3 Monaten keinen Bürgersteig, geschweige denn einen H&M gesehen, und die meisten von uns kommen aus Städten rund um die Welt. Jetzt kann man sich wohl besser vorstellen, welche Stimmung im Bus herrschte, der die mit Schnee gesäumten Straßen in Richtung Halifax fuhr. Dort angekommen ging das chaotische Weihnachtseinkaufen los. Der Tag war gefüllt mit hellen Lichtern des Shoppingzentrums, Crème Brûlée Latte, Pad Thai und Papiertüten. Es war ein Tag voller Lachen, Kleidung anprobieren, Kerzen schnuppern, über Geschenke grübeln und nach dem Weg fragen. Es war ein toller Tag. Super unbeschwert. Und hat mir mal wieder gezeigt, dass ich einfach ein Stadtmensch bin, dass ich laute Stimmen und Chaos und verschiedene Sprachen und Gerüche einfach brauche. Das heißt jetzt nicht, dass ich das Leben hier in sehr ländlichen Verhältnissen doof finde, aber jetzt weiß ich nun mal wie ich später nach diesem Jahr leben möchte und das ist doch schon ziemlich cool. Jetzt aber zurück zu unserem Halifax Trip, denn als wir dann mit circa 20 Tüten bepackt in den Bus einstiegen, da war das Grinsen aus den Gesichtern nicht mehr wegzuwischen. Wir fuhren weiter in die Innenstadt, draußen war es schon ziemlich dunkel und die weißen Atemwolken leuchteten förmlich im Laternenlicht. Karten wurden ausgeteilt, die wir ein paar Minuten später dem Security Guard am Eingang des Hockey Stadions unter die Nase halten sollten. Gut, das Spiel der Mooseheads gegen die New Brunswick Wildcats war jetzt um ehrlich zu sein eher unspannend, cool hingegen war aber die Stimmung dort. Mein linkes Ohr wies nach dem letzten Buzzer zum Ende des Spiels zwar ein Klingeln auf, da mir dauerhaft mit einer roten Kanada-Plastik-Trompete direkt in den Gehörgang getutet wurde, aber hey, der Kaffee dort war gut, die Leute standen bei jeder spannenden Spielsituation und ich hatte Gänsehaut als das ganze Stadion aufstand um zu singen. Also ja, ein sehr erfolgreicher Tag und als ich mich dann gegen 1 Uhr morgens auch endlich ins Bett begeben habe, hatte ich immer noch dieses Grinsen auf meinem Gesicht.
Tief ein und ausatmen, Augen zumachen und so oft bis 10 zählen bis es nicht mehr weh tut. Augen auf, das Foto von der glücklich lächelnden Familie zur Seite legen und mal kurz wütend sein. Wütend darauf schon wieder traurig zu sein, wütend auf das Gefühl alleine zu sein in einem Haus voller Menschen, wütend auf die 5081 Kilometer Luftlinie zwischen hier und zuhause und vor allem wütend auf mich selbst, weil ich hab mir das ja schliesslich so ausgesucht und bin gerade echt undankbar. Fertig mit wütend sein. Dann das Foto wieder in die Hand nehmen und die Weltuhr checken. Tränen wegwischen, nochmal tief durchatmen, darauf warten, dass die Stimme nicht mehr zittert und dann endlich anrufen oder eine Nachricht schreiben. Zwischen 9 Uhr morgens und 17 Uhr nachmittags nach kanadischer Zeit gehen definitiv Mama, Papa, Ben oder aber meine Freunde in Deutschland an ihr Handy, wenn sie nicht gerade arbeiten oder in der Uni sitzen. Vertraute Stimmen hören und Traurigkeit vergessen. Feststellen wie gut es mir geht, feststellen wie gut es tut Zuhause zu hören. Lachen und ein warmes Gefühl im Bauch bekommen und dann nach dem auflegen kurz eine Minute grinsend im Zimmer sitzen und ins Leere starren. Dann das Handy weglegen und in die Küche tapsen, mit meiner Gastmutter 80er Jahre Songs schmettern und Peanut butter cookies mit Sofia backen. Glücklich sein.
Knappe 2 Monate ist es her, dass ich meine Lieben zuhause in Deutschland gesehen habe und nicht nur über einen kleinen Bildschirm. Heimweh kommt und geht, ist aber letztendlich unvermeidbar. Das
hin und wieder aufkommenende "ich vermisse dich" ist so bittersüß wie Zartbitterschokolade und es ist ziemlich schwer über die Lippen zu bringen ohne traurig zu werden. Aber das ist okay. Und das
musste ich auch erstmal verstehen.
Heimweh zu haben ist sogar eigentlich was schönes, so lange es nicht überhand nimmt, was (Gott sei Dank) bei mir nicht der Fall ist. Heimweh zeigt mir, was so toll ist an Deutschland, was so
einzigartig und wunderschön an meinem Leben dort ist. Vermissen, so hat eine Freundin von mir letztens gesagt, zeigt dir nur wie wichtig dir jemand ist. Heimweh hat mich überrascht und ja, auch
überrumpelt. Wen ich vermisse und wie doll manchmal aber auch. Aber es ist ein großer Teil von dem, was ich aus dieser mega großen Erfahrung "Auslandsjahr" für mich mitnehmen kann: Menschen, die
mir wichtig sind weniger als selbstverständlich in meinem Leben anzusehen. Denn oh wie schön ist es doch an einem Regenwettertag nach ein paar Tagen Alltag hier und anderswo auf der Welt, mal
wieder diese Stimmen zu hören.
Also vielleicht magst du dir da auch Gedanken drüber machen und einem tollen und für dich wichtigen Menschen heute einfach mal so sagen, dass du froh bist, sie oder ihn in deinem Leben zu
haben.
Ich hab schon immer ein kleines Bisschen Angst im Dunkeln gehabt. Einer der vielen vielen Gründe, warum ich Geisterbahnen und Spukhäuser grundsätzlich schon blöd fand. Nun ja und jetzt? Jetzt stehe ich vor einer geschlossenen Tür in meiner High School, neben mir ein Zombie, vor mir ein Hippie und hinter mir ein Einhorn im dichten Gedränge der Schüler, die zum High School Dance gehen wollen. Ein Monster aus "Die Monster AG" öffnet die schwere Feuertür zum "haunted hallway" und ich frage mich, warum ich ausgerechnet zum Halloween Dance gehen musste. Wir werden gewarnt nicht den ausgeschriebenen Weg zu verlassen und die Schausteller nicht aus Schreck zu schlagen. Ich frage mich, ob ich das versprechen kann, nicke aber höflich und ein paar Schritte weiter bin ich in absoluter Dunkelheit, Baumwollspinnweben in meinen Haaren und dicht hinter Asude, die in ihrem Hippiekostüm so überhaupt nicht in die Szenerie passt. Ich erschrecke mich nicht ein mal bis ich durch die nächste schwere Tür den haunted hallway verlassen kann. Das liegt aber nicht daran, dass ich mal eben zum absoluten Horrorliebhaber geworden bin. Ganz im Gegenteil, der haunted hallway war einfach zum Großteil nicht gruselig und alles was gruselig war hab ich eh nicht gesehen, meine Augen waren da wahrscheinlich zu. Im Inneren der Schule sieht dann alles wieder normal aus, eine ganz normale Halloween Party halt und ich werde von Cat Woman, Iron Man, Cowboys, gefallenen Engeln und zahlreichen Gruselgestalten begrüsst. Letztere sehen in dem Licht der Eingangshalle nun überhaupt nicht mehr schrecklich aus, sondern richtig cool mit dem aufwendigen Makeup passend zum Kostüm. Ab da ist der Dance wie jede Party, laute Musik (leider auch echt viel Country), viel Gelächter, tolle Fotos und Pizza. Auch sind hier knappere Kostüme à la Mean Girls (Bunnies und sehr kurze Leopardenkleidchen) tatsächlich vertreten. Das ist definitiv nicht die Mehrheit, ich war aber trotzdem super verblüfft, Figuren aus diesem High School Film zu sehen. Im Allgemeinen stelle ich aber fest, dass Kanadier Halloween seeeeehr ernst nehmen... Aber hey, die haben ja schliesslich auch kein Karneval.
Einen weiteren Feiertag, den die Kanadier auch haben, wir aber nicht so feiern, ist Thanksgiving. Also während sich die Blätter draußen rot, gelb und orange färben, trinke ich Tee und schnibbel
Kartoffeln für den riesen Topf voll Stampfkartoffeln für das Familienfestessen. Meine Host Mom kocht Cranberriesauce und meine Gastschwester Sofia schält Karotten. Später sitzen wir dann alle an
großen Tischen mit der ganzen Familie und schaufeln massenhaft Essen in uns hinein. Die Thanksgivinggewichtszunahme ist definitiv ein Phänomen, mit dem hier die meisten vertraut sind. Abgesehen
vom wirklich fantastischen Essen muss ich aber sagen dass ich mir Thanksgiving irgendwie cooler vorgestellt hab. Zwar ist meine Host family wirklich nett, aber ich vermisse das laute Gelächter,
den Familienzusammenhalt und einfach die ausgelassene Stimmung, die ich von Familienfeiern so gewohnt bin. Deswegen bin ich auch nicht wirklich traurig als das Thanksgiving-Wochenende vorüber
zieht. Dann geht der Alltag wieder los: Schulprojekte, Chor, Cross Country Training, Hausaufgaben und Tests, Treffen mit Freunden und ein paar Stücke Pumpkin-Pie.
Die Woche endet wahnsinnig schnell und schon sitzen wir auf dicken Decken im Gras des Golfplatzes auf dem in ein paar Stunden die "Cross Country Western Regional Championships 2019" enden werden.
Wir sind den Kurs schon abgelaufen, der Adrenalinpegel steigt langsam und in weniger als 2 Stunden werden wir an der Startlinie auf das "Ready-Set-Go" warten. Es ist das erste Mal in meinem
Leben, dass ich Teil eines Sportteams bin und es ist wahnsinnig komisch zu wissen, dass ich schon in Kürze wieder denken werde "Gott warum mach ich das hier eigentlich?!", wenn das Brennen in
meiner Lunge und in meinen Oberschenkeln nicht mehr aufhören will. Wissen warum werde ich dann erst wieder, wenn mich meine Sportschuhe über die Ziellinie tragen und wir wissen, ob wir es zu den
Provincials geschafft haben.
Ich bin jetzt schon genau einen Monat in Kanada, konnte schon super viele Eindrücken sammelnund möchte euch natürlich auch gerne hier einmal an meinen Erfahrungen teilhaben lassen :)
Es lassen sich so viele Dinge mit einer einfachen Rangliste ausdrücken, und deshalb mach ich das hier jetzt auch mal...
Meine Top Ten...
... Dinge, die ich an Kanada mag
1. Die Natur (hands down, das allerbeste an Nova Scotia)... Soooo verdammt viele Bäume
2. Meine Gastfamilie natürlich (meine Host Mom und meine spanische Gastschwester sind echt toll)
3. Die Gastfreundlichkeit der Menschen im Allgemeinen (ich hab schon sehr schnell Freunde finden können)
4. Die internationalen Schüler, die ich hier bis jetzt schon kennenlernen durfte. Ja, das ist jetzt nicht unbedingt was über Kanada im Allgemeinen, aber definitiv eines der besten Dinge an
diesem Auslandsjahr, Freunde auf der ganzen Welt - eine große Menge offener Leute, die so viel von den unterschiedlichsten Kulturen und Orten erzählen können.
5. Drama und Psychologie im Unterricht und eine Musical-AG... Besser kann Schule in diesen Punkten kaum sein
6. Das Umweltbewusstsein vieler Kanadier, die trennen den Müll wirklich akribisch und auch wenn das manchmal ein wenig nerven kann, ist es doch auch bewundernswert, wie viel Gedanken sich
Menschen hier darüber machen, ob ihre Abfälle vielleicht im Meer landen können.
7.Die riesigen Supermärkte, da macht mir Einkaufen irgendwie mega Spaß... Zum Beispiel im Walmart (ja ich mag es da einzukaufen... Na und? :D)
8. All things peanut butter
9. Der Sternenhimmel (so viel klarer als sonst irgendwo)
10. Definitiv, dass hier so viel Sport gemacht wird und Kanadier dadurch ein bisschen entspannter mit allem sind
....Dinge und Menschen in Deutschland , die ich vermisse
1. Meine Familie
2. Meine Freunde
3. Meinen Hund
4. Die Mobilität und kurze Wege ohne das Auto ( Ich vermisse Öffentliche Verkehrsmittel so verdammt sehr)
5. Das Essen (oh jaaaaa)
6. Umarmungen. Das klingt jetzt vermutlich echt blöd, aber Kanadier sind auch unter Freunden kaum bis gar nicht körperlich. Also während ich in Deutschland meine Freunde zur Begrüßung oder
Verabschiedung in den Arm nehme, oder auch von meinen Eltern oft und gerne umarmt werde, ist das hier was, was eher von den internationalen Schülern untereinander gemacht wird, wir vermissen das
alle irgendwie.
7. Mein Tanzteam... Hier gibt's nur Cheerleading und nein, das mach ich nicht.
8. Eine Spülmaschine (Meine Host mom hat keine und wow, ich weiß jetzt erst unsere zuhause in Deutschland zu schätzen)
9. Das Fitnessstudio (hier gibt's halt eher nur so kleine Fitnessräume im Community Centre)
10. Erwachsen sein (nach deutschem Recht bin ich mit 18 volljährig, in Kanada erst mit 19 und ich hab mich doch gerade gefreut mal selbst für mich unterschreiben zu können xD)
Es war einmal vor nicht all zu langer Zeit (hust ein paar Wochen hust) ein Haufen Jugendlicher aus aller Welt, bepackt mit jeweils einem großen dicken Müllsack, der sich auf den Weg in die neuschottische Pampa machte. Jeder von ihnen fühlte sich trotz der Menge an Zucker in den klebrigsüßen Timballs nicht mal ansatzweise energiegeladen, als sie allesamt schweren Schrittes den dunkelgelben Schulbus betraten um sich in dieser Hergottsfrühe (9 Uhr morgens) auf dicke Poster fallen zu lassen. Eine Achterbahnfahrt von Serpentinen später erreichten sie dann auch Camp Brigadoon, ein an einem See gelegener Komplex aus mehreren Lodges und Einrichtungen zur Freizeitgestaltung sowie einem riesigen Essenssaal. Letzteren bitte genauestens in Erinnerung behalten, er soll das Zentrum unseres Märchens sein (halloooo Essen...!). Die Begrüßung viel wortwörtlich ins Wasser, den Regenwolken war ja mal sowas von egal ob die Campbewohner jetzt trocken bleiben wollten oder nicht. Zimmereinteilung, 5 Minuten Auspacken, dann zur ersten Station rennen, dem Sammelplatz auf der nun etwas motschigen Wiese mit einem großen Fahnenmast in einer Ecke. Und wieder Namensspiele, wieder "Repeat after me"- Aktivitäten und die Frage "Hey where are you from?". Das heißt jetzt nicht, dass es den wirklich zahlreichen Jugendlichen aus ebenso zahlreichen Nationen nicht irgendwie auch Spaß gemacht hat, aber hey, ganz im Ernst, bei einer Gruppe von über 12-Jährigen, können ein paar Spiele minimal anstrengend werden, wenn man sie zum 22.000sten Mal spielt...im Regen. Anyway, nun zum doch viel interessantere Teil unserer Geschichte... Nach den ersten leicht holprigen Versuchen in der großen Gruppe für Stimmung zu sorgen, wurde eben diese dann aufgeteilt in Kleingruppen. Wo passierte das? Natürlich im Dreh-und Angelpunkt Camp Brigadoons... dem Speisesaal. Das Essen war ungelogen mindestens 100 Mal besser als erwartet und es wurde auf alles, aber wirklich alles geachtet, was es nur an Allergien, Unverträglichkeiten oder Ernährungsweisen gibt und dafür waren alle Beteiligten wahnsinnig dankbar. An dieser Stelle muss ich glaub ich etwas erwähnen, was allgemein eine Challenge in Kanada darstellt: das Essen. Kanada ist jetzt nicht gerade für seine Esskultur bekannt und das hat den einfachen Grund, das hier eine großen Menge an Fertigprodukten und Fast Food konsumiert wird. Jetzt kann man sich natürlich vorstellen, dass wenn man das mit einer internationalen Gruppe mit unterschiedlichsten Essgewohnheiten kombiniert, die Gesichter sich eher verziehen, wenn das Thema Essen angesprochen wird. Also noch viel besser, dass das im Camp definitiv nicht der Fall war, ganz im Gegenteil sogar. Und auch was (jetzt mal von den Startschwierigkeiten abgesehen) Aktivitäten angeht, waren alle mehr als positiv ausgelastet. So lernten auch nun ja nicht so ganz naturbegeisterte Teilnehmer im Regen mit ein bisschen halbtrockenem Gestrüpp und einem Feuerstein, wie man in so einer Situation ein Feuer ankriegt und dass es so egal sein kann und auch muss, ob die Klamotten jetzt nach Barbecue riechen oder nicht. Davon abgesehen warfen sich eigentlich dich sportfaule Leute plötzlich in den Sand um den Ball noch zu kriegen, Field Hockey Schläger schlugen gegeneinander und trafen manchmal auch den Ball, Leuchtstäbe wurden beim Capture the Flag über die verteidigte Grenze getragen, als handele es sich dabei um ein Heiligtum, die Luft war gefüllt mit Lachen und die Bäuche mit S'mores und anderen Süßigkeiten. Gegen Abend wurde dann in ein Mikrofon zu Karaokesongs gekrächzt, Geschichten erzählt aus den verschiedensten Kulturen, Erfahrungen ausgetauscht über neue Leute, die Schule, die Gastfamilie und das Vermissen von Zuhause, um dann von Kopf bis Fuß nach Lagefeuer riechend in die Betten zu kriechen. Auch der nächste Tag sollte trotz eindeutigen Schlafmangel so weitergehen, als sich die Pfeile am Bogenschießstand in die Zielscheibe bohrten, die Füße warm vom Wandern wurden und die Wasserfarbe auf weißem Papier langsam zu trocknen begann. Es wurden zahlreiche Fotos geschossen, alle in den am Vortrag verteilten T-shirts der Organisation, mit Augenringe als Accesoire und mit Aussicht auf die gefühlt 10. Mahlzeit an diesem Tag, nicht das sich irgendjemand darüber beklagt hätte. Lunchpakete wurden trotzdem fürsorglich gepackt, damit es auf dem langen Heimweh von sage und schreibe 30 Minuten auch nicht zu Hungerattaken kommen kann. So fanden sich also besagte Jugendliche kaum mehr als 27 Stunden nach ihrem Aufbruch zum Camp Brigadoon auch schon wieder mit Müllbeutel in der Hand auf dem Schulparkplatz wieder. Das war also das Orientierungscamp, und wenn sie nicht gestorben sind dann sitzen sie noch immer im Essenssaal und futtern S'mores.
"In the eye of a hurricane there is quiet, for just a moment, a yellow sky"
Diese Zeilen stammen aus einem meiner Lieblingsmusicals mit dem stolzen Titel "Hamilton" nach der gleichnamigen Hauptfigur und einem der amerikanischen founding fathers Alexander Hamilton, welcher hier unter anderem von seiner traumatischen Erfahrung mit einem Hurricane erzählt, der die Welt auf seiner kleinen karibischen Heimatinsel komplett zerstört hat.
So muss es jetzt Tausenden von Menschen gehen, die auf den Bahamas die volle Wucht des Sturms Dorian abbekommen haben, ihr Leben ist wortwörtlich weggefegt, was bleibt ist Angst, Zerstörung,
Hunger, Durst, Schmerz und Chaos. Der Sturm, der die Bahamas mit einer Hurricanestufe 5 erreichte, war schon um einiges langsamer als er in Florida eintraf, doch auch an der gesamten
US-amerikanischen Küste verwüsten Starkwinde und schwere Regenfälle das Land. Was bei uns hier oben in Nova Scotia ankommt ist nur ein Windchen, gegenüber dem was dort viele viele Kilometer
südlich über die Bahamas gezogen ist, und dennoch bleibt es auch hier ein Hurricane Stufe 2, umgewehte Bäume, keine Wasserversorgung, kein Strom. Als ich am Samstag gegen Mittag unter die Dusche
springen will, kommt nicht mal mehr ein Tropfen Wasser aus dem Hahn. Das Licht flackert schon seit 12 Uhr mittags, doch um 13 Uhr geht plötzlich alles aus. Windig ist es, das stimmt, aber nichts
deutet auf einen ernstzunehmenden Sturm hin und auch die anderen Anwohner sehen die Situation mehr als entspannt. Wenn die Sturmwarnungen durchgegeben werden fällt immer wieder der Satz "Jaja das
sagen die immer und dann kommt hier doch nur eine einzige Gewitterwolke an". Doch als am Samstagabend mehr als nur "eine Gewitterwolke" aufzieht, werden auch die coolsten Kanadier langsam nervös.
Der Supermarkt ist plötzlich wie leergefegt, in unserem Badezimmer stehen gefüllte Wassereimer, die Taschenlampen liegen mit neuen Batterien gefüllt auf dem Tisch und es wird fleißig
rumtelefoniert. Wer hat noch Strom? Wieso ist der jetzt überhaupt schon aus? Wieso haben wir kein Wasser? Wann ist der Sturm so richtig hier? Denn als der Himmel eigentlich nur noch eine
einzige graue Masse ist, klatschen selbst die Äste der dicken Bäume immer schneller gegen die Fensterscheiben, Blätter wirbeln vorbei, die jüngeren Bäume stehen schräg im Wind. Jetzt werden
Wetternachrichten mit den batteriebetriebenen Radios auch tatsächlich gehört, zu diesem Zeitpunkt sind die Tankstellen schon komplett an Benzin leergekauft. Kerzen werden angezündet, alle halbe
Stunde ein Wetter Update, langsam verabschieden sich die Handyakkus. Es wird dunkel draußen und mit Einbruch der Dunkelheit zieht das Sturmzentrum über uns hinweg.
Es ist still im Haus, wir spielen Karten bei Kerzenlicht und fühlen uns eingeengt, aber können unmöglich raus. Also gehen wir ins Bett, machen die Augen zu und beten, dass es bald vorbei ist.
Wir haben einen Hurricane Stufe 2 erlebt, es gibt keine Verletzten, kaum Sachschäden, keine Schäden am Haus selbst, Strom und Wasser ist hier zwar aus, aber wir kriegen alles was wir brauchen von
der Verwandtschaft und können die ganze Situation mit Humor nehmen.
Die Bahamas haben einen Hurricane Stufe 5 erlitten. 160 mph schnelle Winde haben alles zu einer einzigen wüsten Fläche gemacht, in wenigen Stunden ist das ganze Leben von zahllosen Inselbewohnern
zerstört, es gibt schon früh erste Meldungen über Tote, Dunkelziffer vermutlich aber weitaus höher. Strom und Wasser ist komplett weg, dafür steht das Wasser überall hoch. Das Militär evakuiert
großflächig, ein Kreuzfahrtschiff transportiert Nahrung und Wasser. Das war nur ein Sturm und es ist unfassbar was das auslöst. Das war nur ein Sturm und schon haben viele Menschen, deren Leben
noch vor kurzem normal war, kein Zuhause mehr.
Also, wenn ihr heute Abend ins Bett geht, dann denkt bitte einmal daran, was gerade anderswo auf dieser Welt passiert und das es eben nicht selbstverständlich ist, wenn es draußen stürmt ins Bett
zu gehen mit dem Wissen, das es morgen früh ja alles wieder gut und vorbei sein wird.
Ja okay, ganz vielleicht übetreib ich ein wenig, wenn ich sage, Hollywood hätte tatsächlich brauchbares Doku-Material produziert als sie Zac Efron mit Justin Bieber Frisur vor die Kamera gestellt
haben. Und eigentlich fallen mir auch viele Dinge ein, die hier ja mal so gar nicht filmreif sind. Trotzdem, und das darf ich jetzt auch mal so sagen, meine High School erinnert mich echt an die
zahllosen Romantic Comedies, die ich mir so über die Jahre hinweg angeschaut habe.
Da haben wir zum einen den riesigen Parkplatz vor der Schule und ja, auch die gelben Schulbusse mit Kultpotenzial.
Da sind die schweren Eingangstüren, die Sportfelder hinter dem Gebäude, eine Handvoll Middle School Kids spielt Basketball. Die Luft riecht nach Regen und Wald, wenn man das Gebäude betritt
jedoch nach Schulbüchern und ein bisschen Staub. Lange Gänge mit zahllosen Schließfächern, eine Mensa mit den typischen Cliquen eines jeden Klischeefilms und ja, auch die Lehrer, denen man ihr
Fach ansieht.
Da ist die Theaterlehrerin zum Beispiel, die Shakespeare Zitate an der Wand und Literatur in den Bücherregalen ihres Homerooms hat.
Die Sonne bricht sich in dem leicht beschlagenen Fenster nach der ersten Period, die Bücher sind dick und die Köpfe qualmen. Mein Schließfach krieg ich immer noch nicht auf, aber mein Name steht schon auf einer der Listen für die Tryouts.
Sportler rauschen mit großen Taschen über die Gänge, sie spielen alle Hockey, Basketball, Fußball, Rugby, Volleyball oder Tennis und ja manchmal sogar alles davon.
Wenn morgens O CANADA über die Lautsprecher tönt, dann ist es leise, alle stehen still an ihren Plätzen.
Wenn nachmittags aber die Glocke tönt, kann man vielleicht auch mal umgerannt werden, wenn man seine Sachen im Raum vergessen hat.
Und genau das ist kanadische High School bis jetzt für mich, ein Haufen prasselnder Eindrücke, Herausforderungen und neue Menschen.
Aber oh gerade die sind ja so toll. Ein "Is this seat taken?" kann deinen Tag genauso retten wie ein fröhliches Winken von einem Tisch in der Mensa mit einem "Come sit with us if you like", oder
ein Theaterkurs, der dich zur Kommunikation zwingen kann. Es ist plötzlich wieder alles eine Frage des 1. Eindrucks, Nervosität treibt Angst in die Augen der internationalen Schüler und trotzdem
entspannen wir unsere verschwitzten und krampfigen Hände um lächelnd ein "Hi I am...... And I will stay here for the entire school year" rauszubringen , stotternd, aber wenigstens etwas. 2 Mal
direkt hintereinander reihen sich Unterichtsstunden, dann endlich Pause, third period, lunch, fourth period, end. Und L
lunch, gerade lunch ist so unfassbar wichtig. Das ist der Moment, in dem man Freunde findet, sich unterhält, feststellt wie viel man gemeinsam hat... Oder halt auch nicht. Das Cafeteriaessen ist gewöhnungsbedürftig bis nahezu eklig, aber na ja gut, das ist überteuerte Schulessen, das ist überall so.
Meine Freunde von zuhause vermisse ich, wenn ich so durch die Schule gehe. Wow, denke ich dann, das würd ich gerne mit jemandem teilen, der mir so wichtig ist, wie sie es sind. Doch leider kann
ich keine Aufregung in Flaschen abfüllen und nach Hause schicken, genug hätte ich davon.
Dann sehe ich den gleichen Blick in den Augen der 21 anderen Austauschschülern, sehe wie sie genauso wie ich versuchen hier reinzupassen, die Räume ihrer Klassen und Freunde zu finden und ja dann
merk ich mal wieder, ich bin ja nicht alleine hier.
Klar vermisse ich zuhause, meine Familie, meine Freunde und mein gewohntes Leben. Aber hier ist jede Sekunde, jedes Gespräch, jede Aktivität mit der Host family ein kleines Abenteuer.
Ich habe Sonne im Bauch, wenn ich an zuhause denke und das auch bei Regenwetter und Hurricane. Und das ist doch eigentlich auch was, das mir dieses Jahr zeigen soll.