Orientation Camp

Es war einmal vor nicht all zu langer Zeit (hust ein paar Wochen hust) ein Haufen Jugendlicher aus aller Welt, bepackt mit jeweils einem großen dicken Müllsack, der sich auf den Weg in die neuschottische Pampa machte. Jeder von ihnen fühlte sich trotz der Menge an Zucker in den klebrigsüßen Timballs nicht mal ansatzweise energiegeladen, als sie allesamt schweren Schrittes den dunkelgelben Schulbus betraten um sich in dieser Hergottsfrühe (9 Uhr morgens) auf dicke Poster fallen zu lassen. Eine Achterbahnfahrt von Serpentinen später erreichten sie dann auch Camp Brigadoon, ein an einem See gelegener Komplex aus mehreren Lodges und Einrichtungen zur Freizeitgestaltung sowie einem riesigen Essenssaal. Letzteren bitte genauestens in Erinnerung behalten, er soll das Zentrum unseres Märchens sein (halloooo Essen...!). Die Begrüßung viel wortwörtlich ins Wasser, den Regenwolken war ja mal sowas von egal ob die Campbewohner jetzt trocken bleiben wollten oder nicht. Zimmereinteilung, 5 Minuten Auspacken, dann zur ersten Station rennen, dem Sammelplatz auf der nun etwas motschigen Wiese mit einem großen Fahnenmast in einer Ecke. Und wieder Namensspiele, wieder "Repeat after me"- Aktivitäten und die Frage "Hey where are you from?". Das heißt jetzt nicht, dass es den wirklich zahlreichen Jugendlichen aus ebenso zahlreichen Nationen nicht irgendwie auch Spaß gemacht hat, aber hey, ganz im Ernst, bei einer Gruppe von über 12-Jährigen, können ein paar Spiele minimal anstrengend werden, wenn man sie zum 22.000sten Mal spielt...im Regen. Anyway, nun zum doch viel interessantere Teil unserer Geschichte... Nach den ersten leicht holprigen Versuchen in der großen Gruppe für Stimmung zu sorgen, wurde eben diese dann aufgeteilt in Kleingruppen. Wo passierte das? Natürlich im Dreh-und Angelpunkt Camp Brigadoons... dem Speisesaal. Das Essen war ungelogen mindestens 100 Mal besser als erwartet und es wurde auf alles, aber wirklich alles geachtet, was es nur an Allergien, Unverträglichkeiten oder Ernährungsweisen gibt und dafür waren alle Beteiligten wahnsinnig dankbar. An dieser Stelle muss ich glaub ich etwas erwähnen, was allgemein eine Challenge in Kanada darstellt: das Essen. Kanada ist jetzt nicht gerade für seine Esskultur bekannt und das hat den einfachen Grund, das hier eine großen Menge an Fertigprodukten und Fast Food konsumiert wird. Jetzt kann man sich natürlich vorstellen, dass wenn man das mit einer internationalen Gruppe mit unterschiedlichsten Essgewohnheiten kombiniert, die Gesichter sich eher verziehen, wenn das Thema Essen angesprochen wird. Also noch viel besser, dass das im Camp definitiv nicht der Fall war, ganz im Gegenteil sogar. Und auch was (jetzt mal von den Startschwierigkeiten abgesehen) Aktivitäten angeht, waren alle mehr als positiv ausgelastet. So lernten auch nun ja nicht so ganz naturbegeisterte Teilnehmer im Regen mit ein bisschen halbtrockenem Gestrüpp und einem Feuerstein, wie man in so einer Situation ein Feuer ankriegt und dass es so egal sein kann und auch muss, ob  die Klamotten jetzt nach Barbecue riechen oder nicht. Davon abgesehen warfen sich eigentlich dich sportfaule Leute plötzlich in den Sand um den Ball noch zu kriegen, Field Hockey Schläger schlugen gegeneinander und trafen manchmal auch den Ball, Leuchtstäbe wurden beim Capture the Flag über die verteidigte Grenze getragen, als handele es sich dabei um ein Heiligtum, die Luft war gefüllt mit Lachen und die Bäuche mit S'mores und anderen Süßigkeiten. Gegen Abend wurde dann in ein Mikrofon zu Karaokesongs gekrächzt, Geschichten erzählt aus den verschiedensten Kulturen, Erfahrungen ausgetauscht über neue Leute, die Schule, die Gastfamilie und das Vermissen von Zuhause, um dann von Kopf bis Fuß nach Lagefeuer riechend in die Betten zu kriechen. Auch der nächste Tag sollte trotz eindeutigen Schlafmangel so weitergehen, als sich die Pfeile am Bogenschießstand in die Zielscheibe bohrten, die Füße warm vom Wandern wurden und die Wasserfarbe auf weißem Papier langsam zu trocknen begann. Es wurden zahlreiche Fotos geschossen, alle in den am Vortrag verteilten T-shirts der Organisation, mit Augenringe als Accesoire und mit Aussicht auf die gefühlt 10. Mahlzeit an diesem Tag, nicht das sich irgendjemand darüber beklagt hätte. Lunchpakete wurden trotzdem fürsorglich gepackt, damit es auf dem langen Heimweh von sage und schreibe 30 Minuten auch nicht zu Hungerattaken kommen kann. So fanden sich also besagte Jugendliche kaum mehr als 27 Stunden nach ihrem Aufbruch zum Camp Brigadoon auch schon wieder mit Müllbeutel in der Hand auf dem Schulparkplatz wieder. Das war also das Orientierungscamp, und wenn sie nicht gestorben sind dann sitzen sie noch immer im Essenssaal und futtern S'mores.