Let's talk about homesickness

Tief ein und ausatmen, Augen zumachen und so oft bis 10 zählen bis es nicht mehr weh tut. Augen auf, das Foto von der glücklich lächelnden Familie zur Seite legen und mal kurz wütend sein. Wütend darauf schon wieder traurig zu sein, wütend auf das Gefühl alleine zu sein in einem Haus voller Menschen, wütend auf die 5081 Kilometer Luftlinie zwischen hier und zuhause und vor allem wütend auf mich selbst, weil ich hab mir das ja schliesslich so ausgesucht und bin gerade echt undankbar. Fertig mit wütend sein. Dann das Foto wieder in die Hand nehmen und die Weltuhr checken. Tränen wegwischen, nochmal tief durchatmen, darauf warten, dass die Stimme nicht mehr zittert und dann endlich  anrufen oder eine Nachricht schreiben. Zwischen 9 Uhr morgens und 17 Uhr nachmittags nach kanadischer Zeit gehen definitiv Mama, Papa, Ben oder aber meine Freunde in Deutschland an ihr Handy, wenn sie nicht gerade arbeiten oder in der Uni sitzen. Vertraute Stimmen hören und Traurigkeit vergessen. Feststellen wie gut es mir geht, feststellen wie gut es tut Zuhause zu hören. Lachen und ein warmes Gefühl im Bauch bekommen und dann nach dem auflegen kurz eine Minute grinsend im Zimmer sitzen und ins Leere starren. Dann das Handy weglegen und in die Küche tapsen, mit meiner Gastmutter 80er Jahre Songs schmettern und Peanut butter cookies mit Sofia backen. Glücklich sein.

Knappe 2 Monate ist es her, dass ich meine Lieben zuhause in Deutschland gesehen habe und nicht nur über einen kleinen Bildschirm. Heimweh kommt und geht, ist aber letztendlich unvermeidbar. Das hin und wieder aufkommenende "ich vermisse dich" ist so bittersüß wie Zartbitterschokolade und es ist ziemlich schwer über die Lippen zu bringen ohne traurig zu werden. Aber das ist okay. Und das musste ich auch erstmal verstehen.
Heimweh zu haben ist sogar eigentlich was schönes, so lange es nicht überhand nimmt, was (Gott sei Dank) bei mir nicht der Fall ist. Heimweh zeigt mir, was so toll ist an Deutschland, was so einzigartig und wunderschön an meinem Leben dort ist. Vermissen, so hat eine Freundin von mir letztens gesagt, zeigt dir nur wie wichtig dir jemand ist. Heimweh hat mich überrascht und ja, auch überrumpelt. Wen ich vermisse und wie doll manchmal aber auch. Aber es ist ein großer Teil von dem, was ich aus dieser mega großen Erfahrung "Auslandsjahr" für mich mitnehmen kann: Menschen, die mir wichtig sind weniger als selbstverständlich in meinem Leben anzusehen. Denn oh wie schön ist es doch an einem Regenwettertag nach ein paar Tagen Alltag hier und anderswo auf der Welt, mal wieder diese Stimmen zu hören.
Also vielleicht magst du dir da auch Gedanken drüber machen und einem tollen und für dich wichtigen Menschen heute einfach mal so sagen, dass du froh bist, sie oder ihn in deinem Leben zu haben.