Ich packe meinen Koffer und nehme mit...



Pullis, T-Shirts, Sweatshirtjacken und 

das Regenbogenstreifenshirt, 

das Papa immer liebevoll mein Ernie-Outfit nennt, 

Mamas Hose, die jetzt mir gehört, 

sie alle fallen in den geöffneten Koffer auf meinem Bett. 


Das ist ein Farbenmeer aus Stoff, ein Chaos sondergleichen, es fühlt sich an wie Sommer, Herbst, Winter und Frühling auf einmal, 

eine Ansammlung aus Streifen (- Shirts wie mir jetzt mal wieder auffällt, ich hab so viele davon). 

Doch wovon brauch ich eigentlich am meisten, 

Wer will ich denn dann überhaupt sein, 

ich, die versucht ein Jahr in Koffer zu quetschen, 

genug von hier mitzunehmen, 

aber auch Platz für das Jahr zu lassen, 

für neue unauswaschbare Farbflecken, 

für den Duft, der an Kleidung hängen bleibt,

mir verrät wo ich war, 

wo ich herkomme.  


Meine Pullis riechen nach Zuhause, 

meine dicken Kuschelsocken von Oma sind die Form von Umarmung, die man eben mitgeben kann. 

Meine Notizbücher voller blauer Tinte gleichen der an meinen Händen, als Buchdeckel aufeinander drücken um noch Platz zu finden in meinem Koffer voll von meinem Zeug, 

voller jetzt und hier und so aufgedreht aufgeregt. 


Ich packe einen Koffer voller Erinnerungen, 

die ganz gedrungen 

auf Papierseiten Platz fanden. 

Wo Momente zeitlos nebeneinander in Fotos aufgereiht

mein Leben zeigen, 

damit ich es neuen Leuten zeigen und noch mehr Erinnerungen sammeln kann. 


Ich packe einen Koffer voller Erwartungen,

Erwartungen an Wetter, Kultur und Leute. 

Einen Koffer, 

 voller bis jetzt leerer Seiten in meinem Tagebuch. 


Ich packe einen Koffer, nein, jetzt sind es schon zwei, weil es nicht alles in einen passen wollte, 

All das Glück und die Vorfreude, 

auch die Zweifel und Ängste, 

all die "Wir bleiben in Kontakt" und die "Schreib mir doch mal bitte". 


Ich kann hier sitzen und meinen Koffer packen, 

ich kann weinen und lachen gleichzeitig und ich kann das Abenteuer schon spüren. 

Ganz sanft auf den Fingerspitzen, 

in meinem Bauch rumorend, 

wie Brausebonbons kribelnd auf der Zunge. 

Ich kann es schon riechen in warmen Sommerwinden und fühlen mit jeden "See you soon" und "Can't wait to finally meet you" an meine Gastmutter und - Schwester, denn das ist wortwörtlich und aus vollem Herzen so gemeint. 


Ich packe meinen Koffer,  

einen einfachen große Koffer, der so unauffällig schwarz von außen, doch verdammt viel von mir in sich trägt, eine Menge, die mit 23kg gar nicht zu bemessen ist. 

Mein Herz ist auf jeden Fall schwerer als 23kg, wenn ich bald meiner Familie Tschüss sagen muss. 


Aber es wird vor Freude hüpfen, wenn ich dann meinen Koffer mit neuen Erinnerungen füllen kann, mit Fotos und Sand, Muscheln und einem Jahr voller neuer Menschen, voller Kultur und Sprache, Abenteuer und ins kalte Wasser springen. 

Randvoll wird er sein mit 10 Monaten Erfahrung, mit Lachen und Weinen, mit einem Kleid vom Prom und hoffentlich einer Graduation Cap, mit Kleidung, die dann nach einem zweiten Zuhause riechen wird.


Ich packe also meinen Koffer und kann es kaum erwarten.